Preisdiskriminierung beim Onlinehandel umgehen – Datenschutz mal sexy

Auf den Webseiten großer und zunehmend auch kleinerer Händler werden eine Vielzahl unterschiedlicher Daten über Benutzer erhoben, welche im besten Fall auch Rückschlüsse auf deren Vorlieben und Einkaufsverhalten zulassen. Wozu diese Daten eingesetzt werden können wissen konkret dagegen nur Wenige und die meisten wird es nicht interessieren solange sie persönlich keine Nachteile für sich sehen. Bis dahin nichts Neues.
Wenn ich Ihnen aber sage, daß Sie durch den Schutz Ihrer Daten den nächsten Urlaub vielleicht 20% günstiger buchen können, dann bekommt das Thema doch plötzlich eine ganz neue Wertschätzung, nicht wahr?

So sieht Preisdiskriminierung aus

Preisdiskriminierung oder auch dynamische Preismodelle bezeichnen die Praxis potentielle Kunden und Besucher, in diesem Fall die einer Webseite, zu unterscheiden und verschiedenen Gruppen zuzuordnen. Je besser die Datenlage Rückschlüsse auf die Kaufinteressen und Konsumgewohnheiten einer Gruppe zulässt, desto besser lässt sich einschätzen auf welche Angebote diese mit einer höheren Kaufwahrscheinlichkeit reagieren würde. Beim Onlinehandel spricht man auch von einer Konversionsrate. Also zum Beispiel 12% all jener aus dieser Gruppe, die ein Angebot gesehen hat, hat anschließend auch etwas gekauft. Wenn die Quote gut ist, kann man diesen Leuten auch einen höheren Preis abverlangen, den sie vermutlich auch noch bezahlen würden. Wenn Sie einmal in einer solchen Gruppe einsortiert sind, dann bekommen Sie auch nur noch hohe Preise angezeigt – nämlich höher als irgendjemand anderes, der noch nie etwas dort gekauft hat. Dies entspricht dann einer sogenannten Preisdifferenzierung dritter Ordnung.

Ein weiteres Beispiel für solche Differenzierung ist das Angebot von Flugpreisen. Wenn auf einer Flugverbindung zu erwarten ist, daß diese überwiegend durch Geschäftsreisende genutzt wird, dann kann die Fluglinie einen höheren Preis verlangen wie wenn es sich um einen Urlaubsflug mit vielen Familien handelte. Hier kommt dann die Preiselastizität ins Spiel. Hier haben wir zwei verschiedene Gruppen, Familien und Geschäftsreisende. Die Geschäftsreisende sind an ein bestimmtes Ziel gebunden, außerdem bezahlen diese nicht selbst sondern das Unternehmen in dessen Auftrag sie unterwegs sind oder wenn sie selbst Unternehmer sind können sie es von der Steuer absetzen. Familien haben diese Möglichkeit nicht und fliegen irgendwohin wo es günstiger ist, die Preiselastitzität ist geringer.

Unterscheidungsmerkmale

Nach welchen Merkmalen eine Preisdifferenzierung vorgenommen werden kann dürfte in jedem Unternehmen ein Geschäftsgeheimnis bleiben. Wenn Sie einmal einen Eindruck davon bekommen möchten was alles möglich ist, dann müssen Sie sich nur einmal als gewerbetreibender Werbekunde bei Google oder Facebook anmelden um dort Anzeigen zu schalten. Dies können Sie natürlich auch als interessierter Privatnutzer tun wenn Sie kein Gewerbe haben, Google z.b. verwehrt Ihnen den Zugang nicht. Die adressierbaren Merkmale lassen keinen Lebensbereich der Benutzer mehr aus. Diese aufzuzählen würde jeden Rahmen sprengen, einige kann man exemplarisch dennoch herausstellen.

Verwendete Browsersoftware, Betriebssystem

Einer der ersten Fälle von Preisdifferenzierung der bekannt wurde, orientierte sich an der Auswahl des Browsers eines Benutzers. Es wurde unterstellt, daß wer eine ungewöhnliche Kombination von Betriebssystem und Browser benutzte, der musste technisches Verständnis aufweisen und zu den Trendsettern in technischen Bereichen gehören. In gewissem Maße lässt es auch Rückschlüsse auf das Alter der Benutzer zu, da ältere Nutzer oft weniger Technikaffinität aufweisen und die Standardeinstellungen ihres Betriebssystems oft unangetastet lassen. Diese bekamen dann oft höhere Preise angeboten.

Besuchszeit

Auf Amazon hat nahezu jeder schon einmal bestellt. Vor nicht langer Zeit ging durch die Medien eine Meldung, daß dort mehrmals täglich die Preise wechseln. Ziel war anscheinend Kunden unterschiedlich anzusprechen, je nachdem ob diese mittags während der Arbeit oder Abends von zuhause aus bestellten.

Besuchte Seiten, Nutzungsverhalten

Dies deckt zugegebenermaßen einen ziemlich großen Bereich ab. Für ein Unternehmen ist es wertvoll zu wissen, ob Sie durch den Klick auf eine Werbeanzeige auf das Angebot stoßen, oder ob Sie dieses aus eigener Recherche gefunden haben. Beides dürfte sich durch unterschiedliche Preise niederschlagen. Auch wenn Sie eine Produktseite bei einem Onlinehändler mehrfach aufgerufen haben bezeugt dies Ihr Interesse an dem Artikel. Es könnte sein, daß sich ihr Preis bald ändert. Insbesondere auch bei Reiseangeboten scheint dies öfter der Fall zu sein.

Umgehungsstrategien: wie Sie den besten Preis bekommen

Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, wenn Benutzer einer Seite zustimmen und erlauben ein Profil anzulegen. Dieses ist relevant für die Art der Informationen die Sie zu sehen bekommen. Dagegen sind aber die Preise, die Ihnen durch ein Profiling angeboten werden, niemals zu Ihrem Vorteil!
Viel schlimmer ist es, wenn Benutzer gar keine Wahl mehr haben ob Sie der Datenerhebung zustimmen oder nicht, es sei denn Sie würden die Benutzung eben einstellen. In diesem Fall ist es nur legitim Datensparsamkeit zu üben.

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  • Vergleichen Sie Preise bevor Sie kaufen, beispielsweise mit Preissuchmaschinen wie Google Shopping. Lassen Sie sich Zeit beim Einkauf und beobachten Sie den Preis einige Tage später wieder.
  • Nutzen Sie Add-ons und Portale die den Vergleich historischer Preisentwicklungen zulassen. Für Amazon gibt es beispielsweise Camelcamelcamel. Bei Flugreisen erlaubt Swoodoo Preisprognosen und eine ausgefeilte Suchfunktion mit Alternativen für flexible Reisende.
  • Beachten Sie auch die Lieferkosten verschiedener Anbieter. Ein teurerer Anbieter kann sich lohnen wenn Sie mehrere Artikel in eine Lieferung zusammenfassen können.
  • Kaufen Sie antizyklisch. Fahrräder und Bademoden im Winter, Schlittschuhe im Sommer.

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