Die Person: Roméo Dallaire

Im Rahmen einer neuen Serie möchte ich an dieser Stelle besondere Personen vorstellen, die unsere Aufmerksamkeit verdienen, mit einer ungewöhnlichen Sichtweise verblüffen und unser Leben bereichern können oder sich einfühlend für einen guten Zweck aufopfern. Nicht jeder von diesen verdienstvollen Helden suchen von sich aus das Rampenlicht oder heischen um Aufmerksamkeit. In den weiten des Internet würde so eine Botschaft schnell untergehen. Ich möchte meinen kleinen Beitrag dazu leisten, solchen Leuten ein kleines Podest zu errichten und so meinen geneigten Lesern bekannt zu machen.

Fels im brandenden Wahnsinn – der Genozid in Ruanda

Dallaire war General bei den kanadischen Streitkräften mit einer langen militärischen Karriere und im Dienste der Vereinten Nationen Kommandeur der UN-Truppen mit dem Auftrag, das Friedensabkommen in Ruanda zu überwachen. Dallaire bemerkte früh, daß etwas nicht stimmte, als während dem Friedensabkommen weiter Waffen in das Land geliefert wurden. Angeblich wurden diese vor der Zeit des Vertragschlusses bestellt, also konnte die UN keine Autorität geltend machen um diese zu beschlagnahmen. In der Tat wurden die bevorstehenden Gewalttaten lange im Voraus geplant.

Als Gewalttätigkeiten ausbrachen und im ganzen Land eine Bevölkerungsgruppe, die Hutus, anfingen Tutsis zu massakrieren, sah sich Dallaire unmittelbar einer sehr gefährlichen und geradezu aussichtsloser Lage ausgesetzt. Ein belgisches, gut trainiertes, Kontingent wurde unmittelbar aus dem Krisengebiet abgezogen nachdem 10 belgische Soldaten festgenommen, gefoltert und getötet wurden. Infolgedessen oblag Dallaire die Mammutaufgabe die übrigen UN-Truppen, ein zusammengewürfelter Haufen internationaler und schlecht ausgestatteter Soldaten so zu koordinieren, daß wenigstens einige Sicherheitszonen geschaffen werden konnten, während ringsherum das ganze Land im Chaos versank und ein systematischer Massenmord um sich griff. Als sei das nicht Herausforderung genug, mußte Dallaire sich fortwährend mit einem trägen und unwilligen Bürokratenapparat auseinandersetzen. Monate verstrichen, ohne daß die hilflose UN-Mission nennenswerte Unterstützung geleistet hätte. Trotz allem brachte Dallaire es in schier aussichtsloser Lage zustande nicht weniger als 32.000 Menschen vor dem sicheren Tod zu bewahren, in einem Land wo sonst binnen 100 Tagen 800.000 Menschen starben. Was dieser Mensch, von aller Hoffnung und von der Weltöffentlichkeit verlassen, dennoch leistete hat mich tief ergriffen.

Grenzenlosigkeit, Freundschaft und Vernetzung

Die Lektüre von Dallaires Buch „shake hands with the devil“ (Handschlag mit dem Teufel: die Mitschuld der Weltgemeinschaft am Völkermord in Ruanda) hatte meinen Glauben an die Menschheit und internationale Organisationen im Speziellen gewissermaßen erschüttert. Das Buch ist wirklich ganz harte Kost, sehr schwer zu verdauen obwohl hier nichts sensationalisiert oder mit dem erhobenen Zeigefinger erzählt wird. Aber Dallaire haben die Erfahrungen anscheinend nie losgelassen. Unermüdlich ist er noch bis heute im Dienste der Friedenssicherung und Völkerverständigung unterwegs. Die Sache arbeitete in ihm bis heute und nicht schlecht habe ich gestaunt, als ich kürzlich die unten verlinkte Rede bei TEDxVancouver sah.

Dallaire hegt ganz große Hoffnung in die heute junge Generation, die durch das Internet einen Grad der Verknüpfung, geradezu eine Weltöffentlichkeit herstellt, in welcher Kriege und Grausamkeiten bald der Vergangenheit angehören könnten. Eine Vernetzung, die Teilhabe an allen Ecken und Enden der Welt ermöglicht und Ignoranz soweit zurückdrängen und in gegenseitiges Verständnis zu verwandeln vermag, daß Gewalttaten nicht mehr unbemerkt von der Weltöffentlichkeit vonstatten gehen. Die Teilhabe dagegen wird jeden Menschen zum Aktivisten machen, in eigener Sache und für das Gemeinwohl.

Dallaire hat die Hölle auf Erden durchlebt und sich danach nicht etwa verkrümelt, sondern er kommt weiterhin mit guten Ideen die auch mich als technikaffinen Menschen dazu bringen, das Thema Internet, Medien und Öffentlichkeit nochmal neu zu denken.

Diese Form des globalisierten Verständnisses, das zeichnet wohl die futuristischen Gesellschaften aus, wie wir Sie bei „Raumschiff Enterprise“ besichtigen können. Für Dallaire ist diese Zeit zum greifen nah. Heute glaube ich ihm das völlig und gehe diesen Weg gerne mit.

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