So war das RawTill4 Thai Fruit Festival 2015 in Chiang Mai

Seit Gründung und erstmaliger Ausrichtung im Jahr 2014 reizte mich das RawTill4 Thai Fruit Festival wie kein anderes, die Reise nach Chiang Mai aufzunehmen und dort immerhin 8 Tage der dreiwöchigen Veranstaltung beizuwohnen. Im Folgenden Artikel meine Eindrücke von dieser einzigartigen Gelegenheit.

Der Ort

Chiang Mai ist die größte Stadt in der Region Nordthailand. Anders als die beliebten Touristenziele im Süden des Landes gibt es hier natürlich kein Meer, dafür dient die Stadt als hervorragender Ausgangspunkt für eine Vielfalt von Ausflugszielen und Aktivitäten. Für alle Geschmäcker ist etwas geboten, sodass die Region Reisende mit Familie genauso ansprechen dürfte wie Backpacker und Sportbegeisterte. Chiang Mai ist per Flugzeug aus Deutschland binnen 12-14 Stunden erreichbar und die Lebenserhaltungskosten sind für unsere Verhältnisse sehr günstig.

Der Großteil der Festivalbesucher wohnt im Marena Inn,ein bescheidenes aber sauberes und günstiges Hotel etwas außerhalb des historischen Stadtzentrums. Die Wahl dieses Orts hat sich wirklich als ideal herausgestellt. Zwar zählen die Zimmer im Marena Inn nicht zu den Komfortabelsten nach westeuropäischen Standards, doch diese sind durchaus tadellos sauber, werden jeden Tag gereinigt und der günstige Preis erlaubt es wirklich jedem auch mit schmalem Budget an dieser ausgezeichneten Gelegenheit teilzunehmen.

Viel wichtiger dagegen: das Hotel grenzt unmittelbar an einen der größten Obst- und Lebensmittelmärkte Asiens an – den Muang Mai Market. Ich denke jeder Teilnehmer spazierte mehrmals täglich über diesen Markt um von der großen Vielfalt an unterschiedlichem Obst zu kosten und sich mit frischen Lebensmitteln für den Tag einzudecken. Es handelt sich um einen Großmarkt von wo auch viele der lokalen Restaurants und Gewerbe sich mit Waren eindecken. Direkt an der Quelle der feinsten tropischen Früchte ist es nirgendwo sonst so einfach sich über einen längeren Zeitraum ausschließlich von Rohkost zu ernähren.

Das Hotelpersonal hat sich mehr als freundlich gegenüber den Festbesuchern gezeigt und es ohne Murren toleriert, daß viele ihre Fahrräder mit auf die Zimmer nahmen und den ganzen Tag über, über drei Wochen hinweg, im Foyer getafelt wurde.

Die Region liegt im berüchtigten Goldenen Dreieck, dem Grenzgebiet Thailands zu Myanmar, Laos und Vietnam. Eine landschaftlich sowie historisch überaus reizvolle und entzückende Landschaft mit einer großen Schattenseite, dem Schlafmohnanbau, Drogenhandel und dadurch auch immer wieder Dreh- und Angelpunkt großer Konflikte weltweiten Ausmaßes.
Damit will ich nicht andeuten, daß das Reisen dort gefährlich wäre, denn das ist es ganz und gar nicht, aber es lohnt sich die Empfindlichkeiten der überaus freundlichen Anwohner einmal zu bedenken und aufmerksam durch die Welt zu gehen.

Das Festival

Die Grundidee des Festivals um die beiden Organisatoren und Szenebekanntheiten Durianrider und Freelee kann ich wirklich nicht genug loben. Während manch andere Festivals beträchtliche Summen einnehmen, straff organisiert sind und nahezu kultische Züge annehmen können, steht dieses Festival für alles, was auch die beiden genannten Hauptprotagonisten verkörpern. Unvoreingenommen, direkt, frei, ehrlich, auch etwas anspruchsvoll, dafür komplett kostenlos ist dieses Festival um den Einstieg möglichst einfach zu machen. Besonders sportlich Interessierte und Rennradenthusiasten kommen hier voll auf ihre Kosten. Dabei zählt nicht nur Höchstleistung sondern vor allen Dingen Selbstbetätigung und ein gesundes Anspruchsdenken sich selbst gegenüber. Vom Anfänger bis zum Hochleistungsportler wird jeder eine geeignete Gruppe finden. Sehr häufig findet man Gruppen zum Laufen, Rennradfahren, Freiübungen (Calisthenics), Yoga & Mediationen und für Kampfsport- und MMA-begeisterte wie mich gibt es in Chiang Mai mit Team Quest Thailand einen der besten Trainingsorte, was für sich alleine genommen schon einen mehrwöchigen Aufenthalt rechtfertigt.

Der weitere Verlauf des Festivals und das Programm wird sehr durch seine Teilnehmer gestaltet und entscheidet sich oft spontan. Es gibt einige Eckdaten die schon sehr früh feststehen wie tägliche Q & A im Park stets zur selben Tageszeit, Aufstiege auf den Berg Doi Suthep für Läufer und Rennradfahrer jeden morgen. Für alle anderen Unternehmungen bilden sich spontane Kleingruppen die ihr Vorhaben in einer eigens eingerichteten Gruppe auf Facebook ankündigen. Wer dieses Netzwerk meidet, so wie ich, der ist gut beraten mit dem Großteil der Teilnehmer im Marena Inn zu wohnen, wo man auch ganz spontan und persönlich jederzeit Anschluß finden kann.

Auch der Zeitpunkt des Festivals von 1 – 21. Juni ist für mich ideal. Es handelt sich um den Anfang der Regenzeit und damit Nebensaison. Flüge und Hotels sind zu dieser Zeit günstig wie nie und kosten oft nur ein Viertel im Vergleich zur Hauptsaison. Dabei regnet es zu Beginn der Regensaison, anders als man vermuten möchte, noch sehr selten. Ein wenig Bewölkung ist manchmal gar nicht so verkehrt, denn es ist schon recht heiß um diese Zeit. Die Hitze ist allerdings leicht zu ertragen wenn ihr viel Obst esst. Ihr werdet sehen. 🙂

Herumkommen

Muang Moi Tuk Tuks
Tuk Tuk Taxis warten auf Kundschaft am Muang Mai Markt

Am einfachsten und schnellsten geht es ganz klar mit dem Fahrrad. Der innerstädtische Verkehr kann mitunter zäh fließen, da gibt es nichts Praktischeres. Selbst Ziele im Umland sind noch nah genug, daß man sie mit einer mehrstündigen Radfahrt verbinden kann. Ansonsten ist es nicht ungewöhnlich eine Song Thew mit Fahrer für 6 Stunden oder einen ganzen Tag zu mieten. Das Gefährt nimmt 8-9 Personen auf – sogar 11 wenn zwei sich hinten anklammern – und ist immer noch sehr erschwinglich wenn man sich die Kosten teilt.

Züge und Flugzeuge gehen mehrmals täglich von Chiang Mai nach Bangkok und von dort aus in die ganze Welt.

Es kann hilfreich sein wenn man seine Destinationen auch auf thailändisch kennt, auf einem Zettel ausgeschrieben oder auf einer Karte zeigen kann. Das Marena Inn zum Beispiel ist nicht allen Fahrern bekannt. Falls ihr dorthin möchtet könnt ihr euch auch zum Muang Mai Market bringen lassen. Den kennt wirklich jeder und ist gerade ums Eck.

Exkursionen

Wat Mo Kham Thuang
Wat Mo Kham Thuang – ein kleineres Wat in Chiang Mai

Hier nur eine kurze Auflistung von Möglichkeiten:

  • Doi Suthep – der anbetungswürdige, zweithöchste Berg Thailands gegen den Veganer jeden Tag anstürmen zu Fuß und zu Rad. Obwohl ich auch mehrmals mit dem Rennrad hochfuhr ist mir erst später auf Bildern gewahr geworden, wie schön der Tempel dort sein muß. Ein absolutes Muß für jeden Besucher und auch für mich wenn ich wieder dort sein werde.
  • Mae Sa Wasserfall – Naturschauspiel in unmittelbarer Nähe zu Chiang Mai. Ein Wasserfall der sich über 10 Stufen erstreckt und auf jeder ein abwechslungsreiches Bild bietet und dazu einläd zu verweilen, im Schatten ein Picknick zu nehmen, in natürlichen Becken zu baden und sich unter dem Wasserstrom massieren zu lassen.
  • Wat Chedi Luang – das größte von einer ganzen Reihe von Wats die es in der Innenstadt Chiang Mais meist völlig kostenfrei zu besichtigen gibt. Wirklich jede Wat ist ein Besuch wert. Für historisch Interessierte kann es sich lohnen etwas einzulesen oder sich durch einen Fremdenführer einiges erklären zu lassen.
  • Tha Phae Gate – Historisches Stadttor, früher Hauptzugang zur Stadt und ein kutlurelles Zentrum für Chiang Mai. Hier finden Feste, Märkte und zweimal wöchentlich auch Muay Thai Kämpfe statt. Guter Ausganspunkt um sich in das Nachtleben zu stürzen.
  • Buak Haad Park – ein kleiner, sehr schöner Park am südwestlichen Ende der Innenstadt. Hier finden während des Festivals jeden Abend Treffen statt mit einer Möglichkeit für Q & A. Neben dem Marena Inn ist dies dann der beste Ort um Kontakte zu knüpfen und sich einer Gruppe für gemeinsame Aktivitäten anzuschließen.

Es gibt noch soviel mehr was erwähnenswert wäre, wozu ich aber keine Zeit mehr hatte. Vieileicht komme ich dazu im nächsten Jahr.

Freunde und Menschenschlag

Vegane Überlegenheit oder Hungerhaken?

Das Wichtigste am Festival sind seine Teilnehmer und die Möglichkeit für Veganer und Interessierte, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und auszutauschen. Das ist die Hauptintention und bis dahin erwartbar. Wie sehr das, zum großen Teil junge Klientel, jedoch meinem eigenen Erfahrungshoriziont widersprach war für mich jedoch sehr auffällig. Mit Sicherheit haben wir es bei Veganern mit einer Gruppe besonders gesundheitsbewußter Menschen zu tun, aber zu sehen wie eine große Ansammlung in ihren Zwanzigerjahren zeitig zu Bett geht, jeden Tag früh morgens um sechs aufsteht um den Berg Doi Suthep zu bezwingen, dabei weder Alkohol (ich war im gleichen Alter noch anders unterwegs) noch Kaffee oder Zigaretten anrührt, dabei noch überdurchschnittlich gebildet, sportlich und gutaussehend ist und dennoch keine Gelegenheit zum Feiern auslässt, das hat mich ehrlich verblüfft!
In meiner Umgebung, dem Land der Biergärten und Weißwürstl bin ich da als Einzelkämpfer auf weiter Flur, wo die Mehrheit von Menschen ausgemacht wird, die es schon für eine unzumutbare Einschränkung und Bevormundung halten, wenn sie bei drei Fleischmahlzeiten täglich auch nur ein einziges mal auf ein Schnitzel verzichten müssten. Führt der übermäßige Fleischkonsum zu allgemeinem Unwohlsein, so unterwerfen sich viele (besonders Damen) einer Hungerdiät und erleiden Müdigkeit, welche nur durch Kaffee, Stimulanzien und Medikamente gekontert wird.

Wer bis hierhin noch nicht von Nachhaltigkeit und Überlegenheit einer veganen Ernährung überzeugt war der sollte sich RawTill4 anschauen und das Festival besuchen, sich die Menschen anschauen und alle Zweifel beseitigen. Ich hätte keine weitere Überzeugung gebraucht aber der Unterschied veganer zu konventioneller Lebensweise und deren Auswirkungen auf eine Gruppe und deren Leistungsfähigkeit und Lebensqualität sind so markant wie ich es mir nie vorgestellt hätte. Dies betrifft nicht nur die junge Generation, sondern gerade auch einige Teilnehmer von über 60 Jahren, die selbst jeden Tag mit dem Rennrad auf Doi Suthep gefahren sind und das ohne Mühe und mit Lust!

Alternative Lebensentwürfe

Neben der Ernährung stehen auch alternative Lebensentwürfe allgemein hoch im Kurs. Nicht wenige verdingen sich als Freelancer, Internetunternehmer oder verdienen sich als Social Media und Youtube-Persönlichkeiten ein beträchtliches Einkommen und vagabundieren dabei zwanglos um die Welt. Wer hat davon nicht schon geträumt? Wer sich für ein Leben jenseits herkömmlicher 9/5 Jobs interessiert wird hier mit Sicherheit Gelegenheit bekommen interessante Persönlichkeiten kennenzulernen und Erfahrungen auszutauschen. Fast jeder ist mehr oder weniger auch als Unternehmer in eigener Sache unterwegs und schätzt die Öffentlichkeit.

Auch Fleischesser dabei

Es gab übrigens auch einige Besucher die sich offen dazu bekannten regelmäßig Fleisch zu essen. Das sorgte natürlich für Gesprächsstoff, trübte aber das Beisammensein und die Gruppendynamik nicht im Geringsten. Auch habe ich besagte Personen nicht demonstrativ Fleisch essen sehen, sondern sie bedienten sich wie alle vom reichhaltigen Angebot des naheliegenden Marktes. Mich würde nur interessieren ob diese auch nach dem Festival noch lange Fleischesser bleiben.

Kosten

Nur einige Beispiele damit ihr einschätzen könnt was euch erwartet:

  • Flug: 580€ ab München, gebucht nur 3 Wochen vor Reisenantritt.
  • Hotel: 4000 Baht, ca. 115 Euro pro Doppelzimmer und für 8 Tage.
  • Transfer per Taxi vom Flughafen zum Hotel: 150 Baht. Taxifahrer langen gern mal zu wenn sie unerfahrene Touristen vor sich wähnen. Informiert euch und verhandelt einen Preis vor dem Einsteigen.
  • 1 Durian: 100 Baht. Ist für uns günstig aber für viele Thais unerschwinglich. Wir haben deswegen oft bereitwillig geteilt und an Thais verschenkt.
  • 1kg Mangos: je nach Frische und Qualität 15-80 Baht. Ich habe alle Preissegmente durchprobiert. Selbst die Günstigsten Mangos waren besser als jene, die ich aus Deutschland gewohnt bin, bei weniger als 0,50€ pro kg!
  • Kokosnuß: gekühlt und trinkfertig angeschnitten, 40 Baht.
  • 1 Stunde Thai Massage: 150 – 200 Baht.
  • Warme Mahlzeit in Restaurant oder Garküche: 40 – 150 Baht.
  • Song Thew Taxi: für 8 -11 Personen, 4-6 Stunden, 1200 – 1600 Baht.
  • Miete für klappriges Stadtrad: 40 Baht pro Tag.
  • Miete für mittelmäßiges Rennrad: 600 – 800 Baht pro Tag. Das ist selbst für europäische Verhältnisse teuer. Doch wenn ihr euer Rennrad zuhause gelassen habt, so wie ich und dennoch sportlich radeln wollt, dann lohnt es sich wenigstens für zwei bis drei Tage.
  • Teilnahme am Festival: kostenlos

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2 Gedanken zu „So war das RawTill4 Thai Fruit Festival 2015 in Chiang Mai“

  1. Wow! Vielen Dank fuer diesen ausfuerhlichen Artikel. Ich bin gerade zufaellig in chiang Mai mit meinem Rad. Eigentlich mache ich eine RadTour durch Suedostasien, aber jetzt werde ich glaube ich noch fuer das Festival hier bleiben hahah ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, warum hier soviele Radler mit Vegan Shirts rumfahren

    Viele Gruesse

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    • Das ist ja ein netter Zufall! Das Thai Fruit Festival heißt jetzt RawTill4 Bike Festival und findet jedes Jahr von 01-21.06 statt. Der Fitnessaspekt ist noch mehr in den Mittelpunkt gerückt und der Besitz eines Rennrads unausweichlich. Kein Wunder, daß sich das im Straßenbild bemerkbar macht.
      Ich hätte da noch einen Tipp für dich: gehe mal Abends in den Nong Buak Haad Park in der südwestlichen Ecke der vier Kanäle (https://goo.gl/maps/MsvbahEE4mL2). Um 18h oder 19h (bin nicht mehr ganz sicher) gibt es jeden Abend Q & A Sessions mit, nun ja, Dingen die Veganer so umtreiben. Jetzt weiß ich nicht wie du zu diesem Thema stehst, in jedem Fall lohnt es aber, sich mal unters Volk zu mischen und jede Menge interessanter Leute zu treffen.

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